Do it slowly!

29. Mai 2024

Diese Schnecke kreuzte meinen Laufweg. Nichts Ungewöhnliches, zu dieser Jahreszeit. Besonders in der Eifel. Man könne also denken, ich sei den Anblick gewohnt und laufe an Schnecken einfach vorbei. Mache ich für gewöhnlich auch. Normalerweise. Aber diese Schnecke war so präsent, dass ich kurz stehen blieb. Hinter ihr: eine gut sichtbare Spur ihres Weges.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit sie für diesen benötigt hat, aber ein paar Stunden werden es schon gewesen sein. Ich fand diesen Anblick unglaublich inspirierend.

Für mich als Läuferin:
Auch wenn ich schon seit vielen Jahren laufe und in vielen Dingen, zum Beispiel meiner Kondition, bestimmt „besser“ geworden bin – mein Tempo (in der Läufersprache: Pace) wird nicht besser. Ich bin quasi die Schnecke.
Vielleicht hat mich auch deshalb ihr Anblick so fasziniert. Wenn das Tierchen und seine Artgenossen zu Hause bleiben würden, weil sie sich sagen „Ey, ich bin ja eh so langsam!“, dann würde diese Spezies aussterben.
Ich glaube auch nicht, dass sich die Schnecke Instagram anschaut und sagt:
„Oooh, die Gazelle, so schnell möchte ich auch mal sein!“
Sprich: Sie vergleicht sich nicht, sondern legt in ihrem Tempo ihren Weg zurück. Damit kommt sie 100 % weiter als die, die nicht losgehen, wandern, laufen oder kriechen.

Für mich als Trainerin:
Ich fasse mich kurz, denn ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben.
Als Trainerin, die die Resilienz im Prinzip immer aufs Tapet bringt, ist dieser Anblick für mich sinnbildhaft. Ich kenne das Haus der Schnecke nicht. Ich weiß nicht, wie schwer es ist, welchen Inhalt sie mit sich herumschleppt. Und selbst, wenn ich Schneckenbiologin wäre und alles über diesen kleinen Panzer wüsste, hätte ich keinen blassen Schimmer, wie er sich für die Schnecke anfühlt. Ich darf ihn also schlicht nicht bewerten. Oder mich an den Rand stellen und „Mach mal schneller!“ rufen. Oder „Hast du eigentlich ein Ziel, du langsame Schecke?“.
Eigentlich besteht meine Aufgabe nur darin, für eine Umgebung zu sorgen, die der Schnecke ein reibungsloses „Weitergehen“ möglich macht. Die einzige Voraussetzung dafür ist der gegenseitige Respekt, und nicht die Falschannahme, dass ein Leben mehr wert sei als das andere.

Und fürs ganze Leben:
Wie schön wäre dieser Gedanke für uns als Eltern und Führungskräfte: Jede(r) in seinem oder ihrem Tempo und bloß nicht Gefahr laufen, den Weg mit einer Schleimspur zu verwechseln.
Den Fortschritt nicht nur in der Distanz zu sehen, sondern im Weg als solches.
Die Phrase „Der Weg ist das Ziel“ mag abgedroschen klingen, trifft es aber vermutlich am meisten. Und manchmal, an dunkeln Tagen, da kommt es mir so vor, als würden die „Schnecken“ einfach achtlos überfahren. Oder als würden ihre Wesenseigenschaften nicht wertgeschätzt.
Ich schreibe diese Zeilen nicht von oben herab zu Ihnen. Es ist mitnichten so, als sei Müßiggang mein zweiter Vorname. Leider oftmals eher das Gegenteil. Vielleicht inspiriert mich das Bild deswegen so sehr, weil ich mir manchmal etwas mehr Schnecken-Gen wünsche. Beim Laufen klappt das doch auch!

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