Sport nach Brustkrebs – regelmäßige Bewegung verhindert das Wiedererkrankungsrisiko um 40 %

2. Oktober 2023

Foto: Florian Schacken

„Es ist das, was ich in der Hand habe!“

Nicole Staudinger

Rund 72.000 Frauen erhalten jedes Jahr die Diagnose Brustkrebs in Deutschland. Das sind täglich ca. 200 Frauen, die diese Nachricht entgegennehmen. 200 Frauen, deren Welt zusammenbricht, oder mindestens auf den Kopf gestellt wird.

Die gute Nachricht vorweg: Die allermeisten dürfen dank sich immer weiter entwickelten Medizin und Forschung wieder gesund werden und bleiben. Neben der klassischen, notwendigen medizinischen Behandlung, gibt es auch ein paar Bereiche, die wir selbst in der Hand haben. Mit dazu gehört das Thema Bewegung.

Die deutsche Krebsgesellschaft schätzt, dass ca. 10 % der Brustkrebsfälle vermeidbar wären, wenn wir uns genügend bewegen würden. Zur Verdeutlichung: Das wären dann schon 20 Frauen weniger am Tag. Bewegung als Prävention ist das eine. Bewegung zum gesund bleiben das andere. Wer es schafft nach einer Erkrankung Bewegung mit in seinen Alltag einzubauen, der verringert sein Wiedererkrankungsrisiko um 40 %. Eine Zahl, die allen Betroffenen Hoffnung macht. Dass zwischen dieser Hoffnung und der Praxis oftmals Welten liegen, weiß Nicole Staudinger.

Sie selbst erkrankte mit 32 an einem hochaggressiven – sogenannten Triple Negativem – Brustkrebs und ist Trägerin des BRCA Gens. „40 %! Was für eine Option! Da müsste man doch glauben, man springt täglich voller Euphorie in die Turnschuhe“, sagt die heute genesene Bestsellerautorin. „Es scheint aber dennoch ein schwarzes Loch zwischen dem Wissen um die Notwendigkeit und die Schuhe schnüren zu geben. Ich brauchte ein paar Jahre, um das Loch zu überwinden.“

Staudinger wurden nach einer Chemotherapie das Brustgewebe, sowie die Eierstöcke entfernt. Im Austausch dazu gab es Wechseljahresbeschwerden, Fatigue, Knochenschmerzen und eine enorme Gewichtszunahme. Probleme, mit denen viele Betroffene zu kämpfen haben und Faktoren, die eben genau von der so wichtigen Bewegung abhalten.

„Mein Instinkt war eher: Couch. Doch davon wurde es – logischerweise – nicht besser.“ Die Empfehlung der WHO lautet: 150 Minuten moderate Bewegung in der Woche. „Eigentlich machbar“, so Staudinger „und doch erst recht vor dem Hintergrund, das eigene Risiko einer Wiedererkrankung so signifikant zu senken.“ Und so startete die Schlagfertigkeitstrainerin und Mutter zweier Söhne in ein bewegtes Leben. Ihr Game-Changer: Weg von der ex- hin zur intrinsischen Motivation. Weg von „Ich mache Sport, um 10 kg abzunehmen“, hinzu „Ich mache Sport, weil ich es kann.“

„Die Dankbarkeit war hier mein ständiger Begleiter. Ich hatte so viel Zeit im Krankenhaus verbracht und konnte mich schlicht nicht bewegen, dass der Sport die Seiten wechselte: Es war dann keine Last mehr, sondern ein Geschenk! Und Geschenke gilt es anzunehmen und zu nutzen.“ Ohne Hauruck-Verfahren, dafür mit sanfter Selbstansprache und gnadenloser Konsequenz verlor sie über 30 kg, bekam Fatigue und Wechseljahresbeschwerden in den Griff und lief bereits drei Halbmarathons. 

Staudingers Tipps, um ins Tun zu kommen:

  • Routinen schaffen: „Ich steige jeden, aber wirklich jeden Tag zuallererst in die Sportsachen. Mal gehe ich laufen, mal walken, mal Pilates. Aber irgendwas wird gemacht.“
  • Dadurch bekommt es eine Routine wie Zähneputzen: „Die Reinigung der Zähne mache ich auch nicht vom Wetter abhängig. Die werden einfach geputzt. So ist Sport für mich heute auch.“
  • Nicht vergleichen! „Wenn ich mich mit anderen, unversehrten Frauen in meinem Alter vergleichen würde, würde ich vermutlich mit den Tränen kämpfen. Wenn überhaupt, dann vergleiche ich mich mit mir und meinem eigenen Fortschritt.“
  • Den Hebel entdecken: „Die Bewegung ist ein Faktor, den allein ich in der Hand habe. Meine Genetik und die Diagnose lagen außerhalb meines Handlungsbereiches. Daher hat Sport für mich etwas mit Selbstbestimmung zu tun

Staudinger ist seit Jahren als Keynote-Speakerin auch in Brustzentren unterwegs und weiß: „Wissen ist nicht das Problem der Patientin. Die Ärztinnen sitzen ja vor uns und sagen, wie wichtig Bewegung ist. Wir wissen es ja. Ich glaube, dass die humorige Ansprache unter Betroffenen ein Anstoß für mehr Bewegung sein kann, sodass die intrinsische Motivation geweckt wird. Und nebenbei bemerkt, die Wichtigkeit der Bewegung gilt nicht nur für Betroffene, oder wieder genesene, sondern für uns alle!“

Quellen:

https://netzwerk-onkoaktiv.de/fuer-zuweisende/wissenschaftliche-erkenntnisse/

https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/basis-informationen-krebs-allgemeine-informationen/sport-bei-krebs-so-wichtig-wie-.html

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