Die Perspektive

23. September 2025

Nicole auf dem Rad

Von außen sieht man eine Frau auf dem Fahrrad.

Vielleicht mit wehendem Haar, konzentriertem, aber gelöstem Blick, ein bisschen verschwitzt. Ganz normal.

Jeder und jede vermag sich von außen zu diesem Bild sein eigenes zu machen. Was wir hier hineininterpretieren, hängt auch von unseren bisher gemachten Erfahrungen ab.

Was sich im Inneren abspielt, das vermag man auch beim zweiten Blick noch nicht zu sehen. Von innen sehe ich mich selbst als eine Frau, die seit elf Jahren in der Bonus-Zeit lebt. Seit meiner Brustkrebserkrankung ist nichts mehr selbstverständlich – weder mein Körper noch die Zeit, die mir jeden Tag geschenkt wird.

Kein Seminar, kein Auftritt, kein Job, kein Buch, nicht eine einzige Sekunde mit meinen Liebsten und erst recht keine spontane Fahrradtour: Alles ist für mich eine Art Bonus.
Ein Add-on.

Diese Dankbarkeit ist mein stiller Begleiter, aber sie macht das Loslassen von schönen Momenten auch viel schwerer. Am Ende eines guten Tages möchte ich ihn gar nicht ziehen lassen, nur weil die Uhr gnadenlos Mitternacht schlägt. Dankbarkeit verpflichtet und ist bisweilen vielleicht sogar anstrengend.

Stillzustehen, den Tag einfach vertrödeln, den Zufall bestimmen lassen? Das bereitet mir fast körperliche Schmerzen. Ich will – nein, ich muss – meine Bonus-Zeit bewusst und aktiv gestalten.

Nicht, weil ich vor etwas davonlaufe, sondern weil ich weiß, wie wertvoll jeder noch so kleine Lebensmoment für mich ist. Natürlich kann ich auch mal faulenzen, und ich tue das durchaus auch – aber nie lange, denn schnell meldet sich mein inneres Ziehen. Ich habe das Gefühl, meiner Bonus-Zeit, dieser so besonderen und unverhofften Zugabe, etwas schuldig zu sein: Sie verdient Dankbarkeit, nicht Gleichgültigkeit. Ich habe gelernt, dass „gönnen können“ für mich nicht mit großem Nichtstun gleichzusetzen ist. Mich berieseln lassen, ja, aber nie so, dass ich in die Passivität rutsche.

Im Gegenteil, es bedeutet für mich, in das Leben einzutauchen. Die schönen Tage – mit meinen Kindern, Freunden, Leserinnen oder eben einfach auf dem Fahrrad – sauge ich auf, koste sie aus, halte sie fest, als wären sie von einer besonderen Qualität. Und dann, wenn ein Tag vorbei ist, lasse ich ihn gehen wie einen kostbaren, alten Freund: dankbar, ein bisschen sehnsüchtig und immer neugierig auf das, was morgen kommt.

Man muss erstmal wissen, was einem guttut. Ich weiß es heute ziemlich genau. Und ich weiß auch, dass mein größter Luxus darin liegt, das Leben in seiner ganzen Fülle zu spüren – auf zwei Rädern, mit vollen Lungen und einem Herzen, das Danke sagt.

Der Oktober steht wie jedes Jahr im Zeichen des „Brustkrebs“. In keinem anderen Monat gibt es so viel „Awareness“ wie in diesem. Verwechseln Sie bitte nicht: Nur weil wir uns digital damit beschäftigen, ersetzt das keine Vorsorgeuntersuchung. Falls Sie zu dieser lange nicht mehr waren: Nehmen Sie doch schnell gerne den Hörer in die Hand (Oh, Gott, ich glaube, NIEMAND sagt noch „Hörer“ ☺) und vereinbaren Sie einen Termin.

Dann haben Sie schon alles getan, was in Ihrer Macht steht, und dann genießen Sie – egal von welcher Perspektive – den Tag!

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